Die Ukraine weist umfangreiche Bodenschätze auf, insbesondere Eisenerze, Stein- und Braunkohle. Kippen, Halden und Schlacken bergbaulicher Aktivitäten bedecken knapp 200.000 Hektar Fläche mit einem jährlichen Zuwachs von ca. 5 ha. Diese bergbaulichen Rückstände stellen aber auch sekundäre Lagerstätten für Eisen-, Nichteisen-, Seltene Metalle und andere knappe Rohstoffe wie Germanium, Kuper, Seltene Erden, Zink und Zinn dar. Aufgrund technologischer Defizite im Bergbau- und Industriesektor, sowie mangelnder wissenschaftlicher Forschung und Ausbildung können diese Lagerstätten derzeit jedoch noch nicht genutzt werden. Zudem sind Umweltkompartimente wie Gewässer, Boden und Atmosphäre in Bergbaugebieten erheblich kontaminiert, was Fauna, Flora und Ökosystemdienstleistungen stark beeinträchtigt.

© TU Bergakademie Freiberg
Als Lösung dieser Umweltprobleme bieten sich umweltfreundliche biologische Technologien im Bergbau an wie mikrobielle Laugung, biologische Behandlung von Bergbauwässern, bakterielle Entschwefelung von Kohlen, Phytoremediation kontaminierter Flächen und Phytomining (Bergbau mit Pflanzen). Aus diesem Grund sollten aktuelle Konzepte und Inhalte derartiger umweltfreundlicher, biologischer Verfahren im Bergbau in die akademische Lehre an der National Technical University (NTU) “Dnipro Polytechnic” (vormals National Mining University Dnipropetrovsk) aufgenommen werden. Aufgrund der mangelnden Erfahrung an der NTU mit derartigen Technologien sollten in enger Zusammenarbeit mit der TU Bergakademie Freiberg (TU BAF) neuartige Module für einen umweltfreundlichen Bergbau entwickelt werden. Dazu sollten Konzepte, Inhalte und Lehrmethoden bisheriger Lehrveranstaltungen an der TU BAF in folgende Module eingebaut werden:
Grundlagen der Mikrobiologie für den Bergbau, Mikrobielle Techologien im Bergbau, Phytoremediation und Phytomining. Die neu entwickelten Module sollten in die Lehrpläne der Studiengänge Umweltwissenschaften, Bergbau und Geologie an der NTU integriert werden. Damit sollten die Ausbildungs- und Forschungsaktivitäten der Institute für Tagebau, Tiefbau, Verhüttung und Ökologie auf den derzeitigen internationalen Standard in umweltrelevanten Forschungsfragen angehoben werden, so in der Restaurierung ehemaliger Bergbauflächen (z.B. Rekultivierung), der Prospektion sekundärer Lagerstätten, mikrobielle Laugung, Phytomining und biologische Verfahren der Behandlung von Bergbauwässern und in der Phytoremediation.
Derartige innovative Technologien der biologischen Rohstoffgewinnung und Sanierung kontaminierter Flächen sollten zu einer nachhaltigen Entwicklung von Bergbau(folge-)landschaften beitragen.
Im Rahmen des zwischen der TU Bergakademie Freiberg (TU BAF) und der National Technical University (NTU) “Dnipro Polytechnic” (vormals National Mining University Dnipropetrovsk) am 01.07.2004 unterzeichneten Kooperationsabkommens wurden durch Förderung über den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in enger Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Ökologie der NTU und dem Institut für Biowissenschaften der TU BAF neuartige Lehrmodule entwickelt, um die Lehre auf dem Gebiet „Biotechnologie im Bergbau“ an der NTU zu fördern. Dabei wurden jeweils Bachelor- und Mastermodule zu mikrobiellen bzw. pflanzenbasierten Biotechnologien entwickelt: „Fundamentals of Microbiology for Mining“ und „Fundamentals of Phytoremediation“ für das Bachelorstudium, „Biomining (Part I. Microbial Technologies in Mining)“ und „Biomining (Part II. Phytomining)“ für das Masterstudium.
In all diesen Modulen wird ein Schwerpunkt auf die praktische Anwendung dieser Technologien gelegt. Der Transfer von Wissen, Kenntnissen und Fertigkeiten erfolgte in Form unterschiedlicher Aktivitäten:
(1) Vorlesungen von Hochschullehrern der TU BAF an der NTU zu den Themen „Fundamentals of Microbiology for Mining“, „Fundamentals of Phytoremediation“ und „Technologies of microbial leaching of metals“; Diese Vorlesungen dienten als Grundlage für die Dozenten der NTU zur Entwicklung entsprechender eigener Vorlesungen.
(2) Praktika von Studierenden der NTU (Masterstudiengänge Ökologie und Bergbau) am Institut für Biowissenschaft der TU BAF zu den Themen „Phytomining“ und „Microbiology in Mining“: Die Inhalte und Versuche dieser Praktika wurden gemäß den fachlichen und didaktischen Zielsetzungen und der technischen Möglichkeiten in Praktika an der NTU f ür Ökologie- und Bergbaustudierende eingebaut.
(3) Aufbau eines Labors an der NTU: Mit Mitteln des DAAD wurde an der NTU ein chemisch-biologisches Labor zu experimentellen Arbeiten über pflanzen- und mikrobenbasierte Technologien im Bergbau eingerichtet.
(4) Masterarbeiten unter gemeinsamer Betreuung durch NTU und TU BAF: Studierende des Studiengangs Ökologie an der NTU verteidigten erfolgreich ihre Masterarbeiten zu den Themen ”Studying the Environmental Hazard Level of Soil Pollution by Vehicles and Developing Methods for its Decreasing” sowie “Studying the Possibility of Using Brown-Red Clay for Reclamation of Waste Rock of Coal Pits of Western Donbas”, wofür die praktischen Arbeiten teilweise an der TU BAF stattfanden. Die Absolventen konnten ihre Masterarbeiten auf mehreren nationalen Konferenzen in der Ukraine vortragen.
(5) Fachexkursionen in Bergbaubetriebe der Ukraine: Im Rahmen von drei Exkursionen wurden Bergbaubetriebe in der Umgebung von Dnipro, mit welchen die NTU kooperiert, besichtigt mit Schwerpunkt Gewinnung der Ressourcen, Umweltbeeinträchtigungen, Rekultivierung / Wiedernutzbarmachung von Bergbaufolgeflächen, Wiederverwendung von Asche- und Schlackeabfällen von Wärmekraftwerken und von Rückständen der Kohleaufbereitung. Die gemeinsam erarbeiteten Module wurden inzwischen in die Studienablaufpläne der Studiengänge Umweltwissenschaften, Bergbau und Geologie an der NTU integriert.
Der Erfolg des Projekts hängt inbesondere von der infrastrukturellen, personellen und finanziellen Möglichkeiten der Unterstützung des Aufbaus der Lehre in Biotechnologien durch die Leitung der National Technical University (NTU) “Dnipro Polytechnic” ab. Für den Aufbau eines (mikro-)biologischen Labors benötigt es bisher am Institut für Ökologie der NTU nicht vorhandene technische Voraussetzungen für steriles und chemisch-analytisches Arbeiten, darüber hinaus Anzuchtmöglichkeiten für Bakterien- und Pflanzenmaterial sowie Möglichkeiten zur Probenaufbereitung. Diese Voraussetzungen können nur von der NTU selbst geleistet werden.
Das in das Projekt integrierte Personal ist aufgrund seiner fachlichen Qualifikation (Biologie, Genetik, Mikro- und Molekularbiologie, Ökologie, Umweltwissenschaften) bestens geeignet und international erfahren und vernetzt. Durch die Umbenennung von „National Mining University Dnipropetrovsk“ in National Technical University “Dnipro Polytechnic” belegt die NTU ihren Anspruch, auch auf modernen Gebieten der Umwelt- und Ressourentechnologien aktiv zu werden, ihre Studierenden für den Arbeitsmarkt gemäß aktueller Anforderungen auszubilden und in der Forschung international konkurrenzfähig zu werden. Somit sind wichtige Grundlagen für einen dauerhaften Erfolg des Projektes gegeben.
Risiken bestehen in den Ungewissheiten über eine langfristige Finanzierung der Einrichtung und des Betriebs notwendiger einschlägiger Labore sowie in der Rekrutierung geeigneten wissenschaftlichen Nachwuchses aufgrund ungewisser beruflicher Perspektiven und mangelnder finanzieller Attrakivität in der Ukraine.
86.000
Förderung: Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), Fachbezogene Partnerschaften mit Hochschulen in Entwicklungsländern ab 2015
Personalmittel: € 51.500
Sachmittel: € 20.000
Der Ansatz, Lehre und Forschung auf dem Gebiet moderner Biotechnologien an einer ukrainischen Hochschule aufzubauen, ist über den Bereich des Bergbaus auf weitere Wissenschafts- und Wirtschaftszweige auszubauen.
Die mikrobiellen Technologien können auf vielen Gebieten der Umwelt- und Ressourchentechnologie eingesetzt werden wie Reinigung kontaminierter Böden, Wässer und Abluft, Land- und Gartenbau, Nahrungsmittelindustrie, sowie industrielle Produktion von Grundstoffen beispielsweise in der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Pflanzenbasierte Technologien können neben der Gewinnung von Rohstoffen in der Sanierung belasteter Standorte, der Verbesserung der Nährstoffeffizienz in der Landwirtschaft und der Gewinnung von industriellen Rohstoffen (z. B. Pflanzenfasern) angewandt werden.
Generell trägt die Umsetzung biologisch basierter Technologien zu einem nachhaltigeren Umgang mit den endlichen natürlichen Ressourcen, seien sie mineralischer, fossiler oder biologischer Natur, bei.
Verstetigung
Die Integration innovativer Masterkurse auf dem Gebiet der Biotechnologien in Curricula der National Technical University “Dnipro Polytechnic”, der Aufbau eines chemisch-biologischen Labors für studentische Ausbildung und Qualifizierungsarbeiten, die gemeinsame Betreuung von Masterarbeiten und weitere gemeinsame wissenschaftliche Aktivitäten zwischen der NTU und der TU BAF haben die Grundlage für ein gemeinsames Promotionsprogramm mit einer Graduiertenschule gelegt.
In dieser Graduiertenschule mit dem Titel „EcoMining: development of integrated PhD program for sustainable mining & environmental activities“ (Laufzeit 2019-2022) werden interdisziplinäre Ansätze in der Doktorandenausbildung auf dem Gebiet des nachhaltigen Bergbaus gemeinsam von der NTU und der TU BAF erarbeitet. Im Rahmen von Kursen, Laborpraktika und einer Sommerschule in ingenieurwissenschaftlichen, Umwelt- und Ressourcenmanagementdisziplinen werden in Kooperation mit anderen ukrainischen Universitäten und Unternehmen aus dem Bergbausektor Experten für eine Neu-Orientierung des Bergbaus in der Ukraine ausgebildet. Dies ermöglicht Forschung und Lehre auf einem für die NTU neuen fachlichen Niveau mit dem für sie neuartigen Fokus auf Biotechnologien. Dadurch wird dieser umweltfreundliche Ansatz auch für Industriepartner in den Sektoren Biomining und Biohydrometallurgie attraktiv, mit innovativen Perspektiven sowohl für die Wissenschaft als auch die Wirtschaft der Ukraine.


