In nachgefragten Zielländern wie den USA oder Kanada bietet sich den Studierenden oftmals eine Vielzahl an Möglichkeiten für ein Auslandssemester, wobei die Entscheidung erfahrungsgemäß eher zugunsten von Großstädten oder Ballungszentren als Zieldestination ausfällt. Hochschulen aus dem ländlichen Raum tun sich deshalb schwer mit einem 1:1-Austausch nach dem Prinzip „Studienplatz gegen Studienplatz“.
Um erfolgreich zu sein, bedarf es Alternativen abseits des Mainstream unter Einbeziehung regionaler Stärken. So entstand an der Hochschule Furtwangen (HFU) mit ihrem starken industriellen Umfeld das Konzept zu FiPS, nach dem bezahlte Industriepraktika an Studierende von Partnerhochschulen vermittelt werden im Gegenzug für gebührenfreie Studienplätze an diesen Universitäten. Zielländer sind dabei vornehmlich Kanada und die USA.
Hauptziele von FiPS sind die Erhöhung der Study-Abroad-Quote unter den HFU-Studierenden sowie der Ausbau des Netzwerks an internationalen Partnerschaften.
Daneben lassen sich über FiPS:
- die Kontakte zu Firmen aus der Region intensivieren und
- das Interesse der Partnerhochschulen an einer Zusammenarbeit in anderen Bereichen wie z.B. in Lehre und Forschung wecken.

© Hochschule Furtwangen
FiPS vermittelt bezahlte Praktika in baden-württembergischen Unternehmen und erhält dafür im Gegenzug gebührenfreie Studienplätze an Partnerhochschulen. Der Austausch steht dabei im Vordergrund, weshalb nur mit ausgesuchten Universitäten und Colleges aus dem anglophonen Ausland, vornehmlich den USA und Kanada kooperiert wird. Für den Service wurde eine Koordinierungsstelle an der HFU eingerichtet, die u.a. Sorge trägt für die Einhaltung der gesetzlich notwendigen Formalitäten wie ZAV-Freistellung, Krankenversicherungsschutz und Einschreibung.
- die Praktikumsvergütung in der Regel die Lebenshaltungskosten in Deutschland abdeckt und somit die Finanzierung erleichtert,
- typische Probleme des klassischen Austauschs wie akademische Anerkennung, Akkreditierung oder inkompatible Semesterdaten erst gar nicht auftreten.
Bewerben können sich Bachelor-Studierende der beteiligten Partnerhochschulen, sofern sie in einem geeigneten ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Studiengang eingeschrieben sind und das Grundstudium mit guten Leistungen abgeschlossen haben. Die Studierenden werden von den Partnerhochschulen ausgewählt und von der HFU an geeignete Unternehmen in der Region vermittelt. Auch die HFU wählt ihre Outgoings selbst aus entsprechend den Studienleistungen und der persönlichen Eignung.
Das Projekt wurde im Rahmen des Programms Baden-Württemberg-STIPENDIUM für Studierende – BWS plus der Baden-Württemberg Stiftung über drei Jahre mit einer Summe von 100.000 Euro unterstützt.

© Hahn-Schickard Institut

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Stärken des Projekts
- tragende Säule innerhalb der HFU-Internationalisierungsstrategie,
- „Türöffner“ für neue Kooperationen mit hochkarätigen Partnern, für neue Kooperationsfelder sowie gegenüber der Industrie,
- umgeht typische Probleme von „Studienplatz gegen Studienplatz“.
Vermittlungserfolg
Seit 2004 konnten mehr als 80 Studierende an etwa 30 Firmen vermittelt und über 100 Freiplätze an den nordamerikanischen Partnerhochschulen eingeworben werden. Dafür verbrachten im Gegenzug rund 90 HFU-Studierende ein gebührenfreies Studiensemester an den Partnerhochschulen, 20 weitere konnten sich zudem gegen reduzierte Studiengebühren einschreiben. Hält man sich den Gegenwert der gebührenfreien Studienplätze (5.000 – 10.000 € pro Semester) vor Augen, so wird die finanzielle Tragweite von FiPS erst richtig deutlich.
Vorteile für Incomings
- Einblicke in die deutsche Arbeitswelt sowie Arbeitserfahrung in einem internationalen Umfeld,
- Rückkehr mit einem hohen Maß an internationaler Kompetenz und mit mehr Selbstständigkeit,
- Praktikum leistet Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung,
- Praktikum als Möglichkeit, um sich bei der Firma für eine spätere Anstellung zu empfehlen,
- Praktikumsvergütung deckt Aufenthaltskosten in der Regel ab.
Vorteile für Outgoings
- gebührenfreie oder gebührenreduzierte Studienplätze an renommierten Partneruniversitäten im englischsprachigen Ausland,
- Auslandsstudium als „Probelauf“ für ein späteres Master-Studium im Ausland.
Vorteile für Hochschulen
- ergeben sich aus den o.g. Stärken des Projekts.
Vorteile für Unternehmen
- kostenloser Englischkurs für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im täglichen Umgang mit den Praktikanten,
- Möglichkeit zur Rekrutierung künftiger Mitarbeitender für das deutsche Stammwerk oder für Tochterunternehmen im Ausland.
Risikofaktoren:
- geringe Vermittlungschancen in Zeiten wirtschaftlicher Rezession,
- hoher personeller Aufwand zur Vermittlung und Betreuung der Praktikanten sowie zur Kontaktpflege mit Industriepartnern,
- Erfolg ist abhängig vom langfristigen Einsatzwillen Einzelner und deren Firmenkontakten,
- Gesetzesänderungen wie z.B. das Mindestlohngesetz erschweren Vermittlung,
- bürokratische Hürden wie z.B. die Aufenthaltsbestimmungen für Nicht-EU-Bürger.
Übertragbarkeit:
FiPS lässt sich nicht beliebig übertragen. Notwendig sind vielmehr:
- Ein starkes industrielles Umfeld in der Region mit einem entsprechend großen Angebot an Praktikumsstellen,
- enge Kontakte zu exportorientierten Unternehmen, möglichst mit Niederlassungen in Nordamerika,
- Partnerhochschulen, an denen Praxisphasen ein integraler Teil des Studiums sind.
Durch die Abhängigkeit von den Unternehmen ist das Modell zudem stark nachfragegesteuert und lässt sich deshalb nicht auf jede Fakultät bzw. jeden Studiengang ausweiten.
100.000 €
September 2013 - November 2016
Förderung: Das Projekt wurde im Rahmen des Baden-Württemberg-STIPENDIUMs für Studierende – BWS plus durchgeführt, einem Programm der Baden-Württemberg Stiftung.
Personalmittel: ca. 64.000 €
FiPS hat sich als effektives Instrument zur Mobilitätssteigerung erwiesen und ist als tragende Säule nicht mehr aus der Internationalisierungsstrategie der HFU wegzudenken. Die Hochschulleitung der HFU hat deshalb die personellen Voraussetzungen für eine Weiterführung von FiPS in Eigenregie geschaffen. Eine langfristige Perspektive ist somit gegeben, nicht zuletzt weil die Kooperationen mit den wichtigsten FiPS-Partnerhochschulen schon vor dem BWSplus-Projekt bestanden und durch diese gefestigt werden konnten.
Eine weitere Verstetigung erscheint derzeit nicht zwingend notwendig, weil sie im Rahmen des BWSplus-Projekts schon größtenteils erreicht wurde, indem
- das Partner- und das Firmennetzwerk ausgeweitet wurden,
- weitere Fakultäten sich nun aktiv an FiPS beteiligen,
- die Bewerbungsabläufe und sonstige Prozesse weitestgehend optimiert wurden und dadurch nun weniger zeitaufwendig sind.
Projektmittel einzuwerben muss dagegen weiterhin ein Ziel bleiben, weil Reisemittel essentiell sind für die Pflege der Partnerschaften und weil Stipendien für viele Studierende unverzichtbar sind zur Finanzierung eines Auslandsstudiensemesters.