Ziel von ProKaTim (Signal Processing Karlsruhe – Timi?oara) ist es, auch jenen Studierenden der Studiengänge Elektrotechnik-Informationstechnik und Elektrotechnik-Automatisierungstechnik der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft (HsKA) und des Studiengangs Electronics and Telecommunication der Universität Politehnica aus Temeswar/Timisoara in Rumänien (UPT), welche kein Auslandssemester durchführen können oder wollen, die Möglichkeit zu geben, über Hochschul- und Ländergrenzen hinweg gemeinsam praxisnahe Projekte zu bearbeiten. Dadurch sammeln alle Studierenden frühzeitig interkulturelle Erfahrungen, sie lernen, anderen Mentalitäten Sensibilität und Wertschätzung entgegenzubringen und entwickeln ihre Teamfähigkeit weiter. Gleichzeitig wird dadurch die Kooperation der Hochschulen aus den beiden Partnerstädten nachhaltig vertieft und durch die Einbeziehung der Mehrzahl der Studierenden auf eine breite Basis gestellt.
http://www.eit.hs-karlsruhe.de/prokatim/

By loading the video, you agree to YouTube’s privacy policy.
Learn more

© Hochschule Karlsruhe
ProKaTim zielt auf einen breiten Austausch von Studierenden ab und nicht nur auf einen punktuellen Austausch, wie er z.B. im Rahmen von Erasmus-Auslandssemestern stattfindet. Gleichzeitig wird damit der Praxisbezug der Studiengänge geschärft, da die Studierenden Projektarbeiten mit industrienahen Themen durchführen. Die Studierenden der Hochschule Karlsruhe und der Universität Politehnica Temeswar führen in gemischten Teams gemeinsam Projekte zur hardwarenahen Implementierung von Algorithmen auf Digitalen Signalprozessoren durch.
Die Lehrveranstaltung ist an beiden Hochschulen im Bachelor-Curriculum im 6. Semester integriert, wird mit Leistungspunkten versehen und benotet. Neben der Vermittlung von Fachkompetenzen stehen Firmenbesichtigungen sowie ein Ausflug in die nähere Umgebung von Temeswar und Karlsruhe zum Kennenlernen von Land und Leute auf dem Programm. Da die beiden Städte Partnerstädte sind, wird ProKaTim auch von den jeweiligen Stadtverwaltungen unterstützt, manifestiert durch Empfänge in den Rathäusern, durch die kostenlose Bereitstellung von Nahverkehrstickets für die Studierenden der Partnerstädte usw.
Projektbeschreibung
Digitale Signalprozessoren (DSP) sind Mikrocomputer mit einer besonderen, für die Verarbeitung von Sensor-, Audio-, Video- oder Nachrichtensignalen optimierten Architektur. Sie begegnen uns im täglichen Leben, ohne dass wir es merken, als sogenannte eingebettete Systeme (Embedded Systems) in allen elektronischen Geräten. An der Gesamtheit der installierten Rechenleistung haben eingebettete Systeme einen Anteil von 90 %, während den privaten Computern und Großrechnern nur ein Anteil von etwa 10 % zukommt. Dementsprechend wichtig ist es, Studierende der Elektrotechnik auf diesem Gebiet vorzubereiten.
Wegen der Prozessnähe und der geforderten Echtzeitfähigkeit ist die Softwarearchitektur auf Signalprozessoren eines andere als auf dem PC. Diese wird den Studierenden in einer Einführungswoche vermittelt und ihre Umsetzung während des Semesters an einem praxisnahen Projekt geübt.
Einführungswoche

© Hochschule Karlsruhe
Im September, eine Woche vor Vorlesungsbeginn, reisen 30 Studierende (15 aus dem vorhergehenden Semester und 15 für das neue Semester) der HsKA begleitet von einem Professor an die UPT nach Temeswar. Gemeinsam mit 30 rumänischen Studierenden besuchen sie dort vorbereitende Vorlesungen zu Signalprozessoren, die in englischer Sprache von einem deutschen und einem rumänischen Professor gehalten werden. Es werden gemischte Teams aus je zwei deutschen und zwei rumänischen Studierenden gebildet. Jedes Team erhält ein praxisnahes Projekt (Beispiele: Sonar, FM-Modulation, PSK-Modulation, Audio-Effekte, Phase Locked Loop, Systemidentifikation u.a.), für das die Algorithmen während des Semesters zu entwerfen, zu simulieren und schließlich unter Einhaltung von Echtzeitbedingungen auf dem Signalprozessor zu implementieren sind.
An einem Nachmittag finden Besuche bei lokalen Firmen statt (in Temeswar bisher: Continental Automotive, Hella, Kathrein, Flextronics, Alcatel-Lucent). Darüber hinaus werden die Studierenden als Vertreter der Partnerstadt im Rathaus von Temeswar empfangen und nehmen an einer Stadtführung teil. Schließlich führt ein ganztägiger Ausflug die deutschen und rumänischen Studierenden als Teambildungsmaßnahme in die Umgebung von Temeswar, so dass sie sich nicht nur gegenseitig besser kennenlernen, sondern auch das Land.
Projektbearbeitung

© Hochschule Karlsruhe
Im Laufe des Wintersemesters besuchen die Studierenden die im Studienplan vorgesehene Lehrveranstaltung Digitale Signalprozessoren an ihrer Heimathochschule, wo sie in der Bearbeitung des Projektes durch die deutschen und rumänischen Professoren betreut werden. Da es sich um Softwareprojekte handelt, für die die gemeinsame Hardwarebasis an beiden Hochschulen vorhanden ist, ist der Austausch der erstellten Programme und natürlich die Kommunikation zwischen den Studierenden über das Internet problemlos möglich.
Zur Projektbearbeitung wurde eine Web-Seite für ProKaTim eingerichtet, auf der die Skripte, Projektbeschreibungen und sonstigen Materialien für die Studierenden abgelegt sind und die neben E-Mail als Kommunikations- und Datenaustauschplattform für die internationalen Projektgruppen dient.
Studierendenkonferenz

© Hochschule Karlsruhe
Im Februar, zum Ende des Wintersemesters, besuchen 30 Studierende der UPT die HsKA. Die jeweils 15 Studierenden jeder Hochschule, die im Wintersemester in Teams eingebunden waren, treffen sich zum letzten Feinschliff ihrer Projekte. Dann stellen sie gemeinsam auf einer eigens dafür organisierten Studierendenkonferenz ihre Projektergebnisse vor und demonstrieren live die entwickelten Programme. Diese werden von den betreuenden Professoren bewertet und die Studierenden erhalten für ihre Studienleistungen Kreditpunkte nach ECTS.
Die anderen 15 Studierenden aus Temeswar bilden mit weiteren 15 deutschen Kommilitonen die Projektteams für das kommende Sommersemester. Sie besuchen die Studierendenkonferenz, um aus den Erfahrungen ihrer Vorgänger zu lernen und nehmen ebenso an einführenden Vorlesungen teil, wie es im Abschnitt „Einführungswoche“ am Beispiel Temeswar geschildert wurde.
Auch in Karlsruhe werden einschlägige Firmen (bisher Mercedes-Werke in Rastatt und Wörth, Siemens Karlsruhe) besucht und es wird ein Ausflug veranstaltet (bisher: Stuttgart mit Mercedes-Museum und Porsche-Museum, Heidelberg mit Auto- und Technik-Museum Sinsheim, Technik-Museum Speyer) Alle Studierenden werden vom Bürgermeisteramt der Stadt Karlsruhe empfangen, sie nehmen gemeinsam an einer Stadtführung teil und besuchen das Zentrum für Kunst- und Medientechnologie (ZKM), in dessen Installationen Signalprozessoren eine große Rolle spielen.
Somit finden mit den Abschlussveranstaltungen am Ende eines Semesters zeitgleich auch die Einführungsveranstaltungen für das folgende Semester statt und der beschriebene Ablauf wiederholt sich semesterweise.
Erfolgsfaktoren:
– Neugierde der Studierenden auf ein anderes Land und auf internationale Zusammenarbeit
– Finanzierung der Reisekosten durch eine Förderinstitution
– Programm ist im Curriculum integriert und wird mit CP versehen, es ist inhaltsgleich mit einer Pflichtveranstaltung der Studierenden und bietet zusätzlich eine internationale Komponente
– Teilnahmebescheinigung für Studierende; diese hilft ihnen bei der Suche nach einer Arbeitsstelle, hebt sie aus der Masse der Bewerber heraus, weckt die Neugierde des Arbeitgebers; bereits mehrfach Rückmeldung von Studierenden (sowohl aus Karlsruhe als auch aus Temeswar), dass das Zertifikat eine große Rolle bei der Anstellung gespielt hat
– Bereitschaft, des rumänischen Projektpartners, diese Veranstaltung auch in sein Curriculum aufzunehmen (war vorher nicht Teil des Lehrplans in Temeswar)
– gleiche Hardware- und Softwareplattform für beide Standorte
Risikofaktoren:
– Rückgang der Bewerberzahlen in den Elektrotechnik-Studiengängen (sowohl in Karlsruhe als auch in Temeswar)
– zusätzlicher Zeitaufwand für die Studierenden (zwei Wochen außerhalb der Vorlesungszeit), den manche nicht bereit sind, aufzubringen
– in Karlsruhe ist das Projekt curricular im 6. Semester angesiedelt, nach der Praxisphase im 5. Semester; da es in der vorlesungsfreien Zeit ist, sind manche Studierende noch im Praxissemester und werden vom Arbeitgeber nicht freigestellt
– in Temeswar arbeiten viele Studierende neben ihrem Studium (teils auch 20-30 Stunden pro Woche) und sind nicht bereit, auf den Verdienst während den Projektwochen zu verzichten
Übertragbarkeit
Das Projekt lässt sich leicht auf andere Hochschulen und auch Studiengänge übertragen. Auch kann die Thematik verändert werden. Softwareprojekte eignen sich besonders, da für sie eine Zusammenarbeit und ein Austausch der Arbeitsergebnisse während des Semesters auch über große Entfernungen problemlos möglich ist. Die gemeinsame Projektsprache Englisch ist eine Selbstverständlichkeit.
Insgesamt (beide Förderlinien) rund 200.000 Euro (Bedarf ca. 25.000 Euro/Jahr)
September 2012
Förderung: Die gesamten Fördermittel sind Reisemittel (Transport, Unterkunft, Verpflegung) für die Studierenden
Sachmittel:
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft im Rahmen des Programms "Praxis MINTernational": Reisekosten
Hochschulen: Personalkosten, Kosten für Software und Hardware
Rathäuser: Fahrkarten für ÖPNV, Museumsbesuche, Empfänge
ProKaTim wurde im Wintersemester 2012/2013 begonnen und erhielt durch die Baden-Württemberg-Stiftung im Rahmen ihres Programms Baden-Württemberg-Stipendium für Studierende BWS-Plus eine Finanzierung für vier Jahre. Beim Wettbewerb Praxis MINTernational des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft war das Projekt einer der Gewinner. Mit dem Preisgeld ist die Finanzierung für die nächste Jahre gesichert. Im Anschluss sollen Förderer aus der Industrie gefunden werden, denn gerade die rumänischen Studierenden könnten für die Reisekosten nach Deutschland nicht aufkommen.
Bisher haben an ProKaTim über 300 Studierende teilgenommen, eine Mobilität in die Partnerstadt durchgeführt und mit Studierenden aus der Partnerhochschule ein Projekt implementiert.
„Der Austausch der Daten hat gut funktioniert. Wir haben uns über Facebook, Skype, Emails und Online-Ordner geregelt. Es war gar nicht so schwer.“ Radu Ricman
„Wir haben nicht in jeweils deutschen oder rumänischen Kapseln gelebt, sondern es sind sogar Freundschaften entstanden.“ Dani Barmo
„So genau wussten wir ja nicht, was uns erwartet. Rumänien, Ostblock, wie sind die eigentlich drauf? Und dann wurden unsere Erwartungen so positiv übertroffen.“ Stefan Meckler
