Internationale Studierende kommen aus anderen Kulturen, in denen auch häufig andere kulturelle Standards gelten. Diese anderen Standards gelten ebenso im Hochschulalltag, genauer beim wissenschaftlichen Schreiben und Präsentieren. Ziel der beiden Veranstaltungen ist es daher, die internationalen Studierenden zunächst einmal über die kulturellen Standards im deutschen Wissenschaftsbetrieb beim Schreiben und Präsentieren zu informieren („Was wird eigentlich von mir erwartet?“) und dann die entsprechenden Standards zu üben bzw. anzuwenden. Darüber hinaus kommen internationale Studierende häufig aus Schulsystemen, in denen sie wenig oder gar keine Gelegenheit hatten, mündliches Präsentieren zu lernen oder zu üben. Sie sind daher ihren deutschen Kommilitonen, die bereits im Grundschulalter ihre ersten Präsentationen halten, deutlich unterlegen. Um eine Chancengleichheit für internationale Studierende zu gewährleisten, ist daher eine besondere Unterstützung wichtig.
Seit einigen Semestern werden die beiden Veranstaltungen: „Wissenschaftliches Schreiben: Schreibwerkstatt“ und „Wissenschaftliches Präsentieren: Sprechwerkstatt“ jeweils zweistündig wöchentlich semesterbegleitend von mir angeboten. Die beiden Veranstaltungen richten sich ausschließlich an internationale Studierende. Beide Veranstaltungen sind immer gut besucht (20 – 25 TeilnehmerInnen durchschnittlich) und es können jeweils 2,5 ECTS erworben werden – obwohl immer mehr Studierende an den Veranstaltungen teilnehmen, die diese Punkte nicht einbringen wollen oder können – die also die Veranstaltungen ohne äußeren Anreiz besuchen, weil sie die Unterstützung brauchen.
1. „Wissenschaftliches Schreiben: Schreibwerkstatt“
Die Veranstaltung ist nach folgenden Inhaltspunkten gegliedert:
– Anforderungen an Studierende
– Vorarbeiten zum Verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit (Themenauswahl und – begrenzung)
– Recherchieren / Literatur
– Exzerpieren
– Zusammenfassen / Paraphrasieren
– Exposé
– Zeit- und Selbstmanagement
– Formales – Gliederung
– Einleitung
– Hauptteil
– Fazit / Schluss
– Plagiat
– Zitieren
– Literaturverzeichnis
– Abgabe
Gleich zu Beginn wählt jede/r Studierende mithilfe der Methoden Brainstorming und Mindmap sein oder ihr Thema aus.
An diesem Thema arbeitet jede/r für sich die verschiedenen Inhaltspunkte der Veranstaltung ab, setzt sie also konkret für sein oder ihr Thema um. Die einzelnen Punkte werden aber zunächst gemeinsam im Präsenzunterricht bearbeitet. Zum Beispiel wird erst einmal geklärt, was ein Exposé ist, welches Ziel es hat und wie es angefertigt wird. All diese Fragen werden nicht nur im Unterricht geklärt, sondern es wird – über Computer und Beamer – anhand eines von den KursteilnehmerInnen spontan vorgeschlagenen Themas, mit den KursteilnehmerInnen ein Exposé angefertigt, das anschließend über Moodle allen zur Verfügung gestellt wird. Im Anschluss an den Unterricht erarbeitet jede/r Studierende für das eigene Thema sein oder ihr Exposé. So entsteht im Laufe des Semesters eine eigene kleine Hausarbeit, in der examplarisch alle für eine wissenschaftliche Arbeit relevanten Punkte abgearbeitet werden. Ziel dabei ist nicht, dass komplette Hausarbeiten angefertigt werden (dafür ist im Kurs keine Zeit), sondern es soll bspw. nur ein Gliederungspunkt aus dem Hauptteil bearbeitet werden. Jede/r Studierende soll am Ende der Veranstaltung wissen, wie eine wissenschaftliche Arbeit an einer deutschen Hochschule auf Deutsch geschrieben werden muss. Studierende haben dabei nicht nur im Lauf der Veranstaltung die Möglichkeit, ein Feedback zur ihren Texten zu bekommen sondern können auch später immer wieder Unterstützung zum Schreiben von mir erhalten.
2. „Wissenschaftliches Präsentieren: Sprechwerkstatt“
Die Veranstaltung ist nach folgenden Inhaltspunkten gegliedert:
– Thema finden, eingrenzen
– Selbstmotivation / Zeitmanagement
– Literaturrecherche: wo und wie?
– Gliederung schreiben
– Referat formulieren (Aufbau, Formales, Einleitung, Hauptteil, Schluss …)
– Präsentation vorbereiten
– Visualisierung (was und wie?)
– Sprechangst?
– Einüben der Präsentation
– Rededauer kontrollieren
– Rhetorik (Körpersprache, Mimik, Gestik, Lautstärke, Betonung)
– vor Publikum üben
– Mit eventuellen Störungen umgehen
– Handouts
Diese Veranstaltung ist nach dem gleichen Prinzip und in einer ähnlichen Vorgehensweise organisiert:
Jede/e Studierende wählt gleich zu Beginn sein oder ihr Thema aus und arbeitet daran die verschiedenen inhaltlichen Veranstaltungspunkte ab. Schwerpunkt dieser Veranstaltung ist jedoch die mündliche Sprache, bzw. das Üben von freigesprochenen Referaten. Dafür wird in der Veranstaltung mit einer Videokamera gearbeitet. Sobald wir mit dem Kurs den Punkt: „Einleitung“ erarbeitet haben, wird jede/r Studierende gebeten, eine ca. 3-minütige Einleitung vorzubereiten, die dann gefilmt wird. Nachdem Feedbackregeln besprochen wurden, werden die kurzen Videos im Plenum gezeigt und besprochen. So erhält jede/r Studierende sein oder ihr ganz persönliches Feedback, das enormen Einfluss auf die weitere Arbeitsweise hat. Am Ende der Veranstaltung steht hier eine komplette 10-minütige Präsentation.
Erfolgs- bzw. Risikofaktor dieser beiden Veranstaltungen ist die Zeit: Sobald die Studierenden – subjektiv oder objektiv wahrgenommen – keine Zeit mehr haben, um diese Veranstaltungen regelmäßig zu besuchen und aktiv mitzuarbeiten, können diese Veranstaltungen scheitern. Leider haben häufig genau die Studierenden, die diese Veranstaltungen am dringendsten besuchen müssten, das Gefühl, keine Zeit für den Besuch dieser Veranstaltungen zu haben, da sie in ihrem Studiengang viel lernen müssen. Gerade diese Studierende scheitern dann leider häufig, wenn sie alleine auf sich gestellt ihre wissenschaftliche Abschlussarbeit anfertigen und präsentieren müssen.
Übertragbarkeit
Diese beiden Veranstaltungen könnten und sollten an jeder Hochschule – am besten verpflichtend – für alle internationale Studierende angeboten werden. Empfehlenswert wäre insbesondere der Besuch der beiden Veranstaltungen zu Beginn des Studiums.
Förderung: Finanzierung durch Hochschule
Diese beiden Veranstaltungen werden bereits seit dem Wintersemester 20110/11 angeboten. Seitdem werden beide Veranstaltungen kontinuierlich von ca. 20 – 25 Studierenden pro Veranstaltung und Semester besucht.